WIR in EUROPA

ERASMUS – Projekt der Albert-Schweitzer-Schule Aue – Bad Schlema

Erfahrungsbericht Juli 2022: „French in Normandy“ in Rouen von Rahel Silué

 

Ohne, dass wir uns dessen fortwährend bewusst sind, hat unsere Sprachkompetenz einen allgegenwärtigen Einfluss auf unser alltägliches Leben. Sich ausdrücken zu können, verstanden zu werden und zu verstehen lässt uns mit anderen Menschen in Kontakt treten und hat eine zentrale Bedeutung in unseren sozialen Interaktionen. Doch ebenso, wie uns die sprachliche Kompetenz, die wir in unserer Muttersprache haben, zum verbalen Austausch und Ausdruck komplexer Gedanken befähigt, so werden wir uns unserer sprachlichen Begrenztheit bewusst, wenn unser Gegenüber eine uns unbekannte Sprache spricht. Der österreichisch-britische Philosoph Ludwig Wittgenstein brachte es mit einem Zitat treffend auf den Punkt: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“

Uns Lehrkräften an der Albert-Schweitzer Schule Aue ist es ein besonderes Anliegen, unsere Schülerinnen und Schüler zu befähigen, die sprichwörtlichen Grenzen ihrer eigenen Welt zu überschreiten, um zu selbstständigen und selbstverantwortlichen jungen Erwachsenen zu werden. Für mich persönlich bedeutet dies unter anderem, unseren Kindern und Jugendlichen die Wichtigkeit des Erwerbs sprachlicher und insbesondere auch fremdsprachlicher Kompetenzen nahezubringen.

So freue ich mich darauf, im kommenden Schuljahr durch das Unterrichten von vier Klassen sowie einer altersübergreifenden Gruppe Schülerinnen und Schülern erste Kenntnisse in Französisch und Englisch zu vermitteln und vor allem die Freude am Sprachenlernen weiterzugeben. Da ich bisher noch keine Erfahrung im Unterrichten einer Fremdsprache habe, war ich dankbar über die Möglichkeit an einer fünftägigen Weiterbildung in Rouen, der Hauptstadt der nordfranzösischen Normandie, teilnehmen zu können. Bei dieser handelte es sich um einen Kurs von French in Normandy zur allgemeinen Methodik in FLE-Klassen (Français langue étrangère, deutsch: Französisch als Fremdsprache). Zielgruppe dieses Kurses waren Französisch-Lehrende. Da die Privatschule French in Normandy ebenso Anbieter vielfältiger Sprachkurse der französischen Sprache ist, konnten die Kursleiter meiner Weiterbildung neben theoretisch fundierten Grundlagen von Unterrichtsmethoden stets Parallelen zu ihrer eigenen Unterrichtspraxis herstellen. Zunächst war ich überrascht, als sich herausstellte, dass es außer mir nur eine weitere Kursteilnehmerin, eine Englisch-Lehrerin mit langjähriger Erfahrung aus Ungarn, gab. Allerdings schätzten wir schnell die Größe unseres Kurses, da uns diese eine leichte Vernetzung miteinander, einen intensiveren Austausch und eine sehr aktive Partizipation am Kurs ermöglichte. Diesen interkulturellen Austausch, ebenso auch mit den Kursleiterinnen und Kursleitern, schätzte ich sehr.

Inhalte der Weiterbildung waren die Thematisierung der Bedeutsamkeit und das eigene Ausprobieren verschiedener icebreaker-Aktivitäten, die Einheit des Erlernens von Sprache und Kultur, Sprachlernen und Lernfreude, Lernen durch Wortspiele, das Kennenlernen vielfältiger Informations- und Kommunikationstechnologien für den Unterricht, der Einsatz von Liedern im Fremdsprachenunterricht, kooperative Lernformen sowie das Potential der Arbeit mit Podcasts und Debatten für den Fremdspracherwerb.

Fakultativ wurden jeden Nachmittag zudem vertiefende Aktivitäten angeboten, bei denen man beispielsweise bei einem Theaterworkshop auch mit den Teilnehmenden anderer Kurse durch spielerische Übungen aus der Theaterpädagogik auf Französisch oder Englisch ins Gespräch kam. Auch das gemeinsame Erkunden der charmanten Hafenstadt Rouen mit seinen dicht gedrängten Fachwerkhäusern und beeindruckenden Kathedralen stand auf dem Programm.

Sehr schnell vergingen die fünf reich gefüllten Tage der Weiterbildung und lassen mich auf eine intensive und bereichernde Zeit zurückblicken. Meine Erwartung war es gewesen, Einblicke in und erste Handwerkszeuge für das Unterrichten von Französisch als Fremdsprache zu bekommen. Ich bin froh, dass sich diese Erwartung erfüllt und sogar übertroffen hat, da ich viele der gelernten Methoden adaptiert auch gut für die Unterrichtsplanung meiner Englischklassen verwenden kann. Da die Weiterbildung auf Französisch, also einer Fremdsprache für uns Teilnehmerinnen, stattfand, hatte ich zudem die Möglichkeit, neben den expliziten Kursinhalten zusätzlich durch Beobachtungen implizite Schlussfolgerungen für das Unterrichten einer Fremdsprache zu ziehen. Auch für meine persönliche Sprachkompetenz auf Französisch war es ein großer Gewinn, über eine Woche hinweg in einem komplett französischsprachigen Kontext zu sein und mich mit verschiedenen französischen Muttersprachlern austauschen zu können. Dies gab mir noch mehr Selbstvertrauen in Bezug auf mein eigenes Unterrichten auf Französisch.

Was mich während der Weiterbildung besonders beeindruckte, waren die Fokussierung auf die Freude am Sprachlernen und das natürliche Einbinden der Zielsprache in konkrete Kontexte. Diese beiden Aspekte sind auch zu Zielen für meinen eigenen Fremdsprachunterricht im kommenden Schuljahr geworden: Ich wünsche mir, dass die Kinder und Jugendlichen auf natürliche Weise mit den Sprachen Englisch und Französisch in Kontakt kommen, dass Ihnen das Sprachlernen Spaß macht und dies vielleicht sogar ihre generelle Haltung zum Lernen positiv beeinflussen kann.